Interview-Partner: Alexandra Langenbeck [Illustratorin]
🐧 Hallo Alex, auf einmal wird es international, du wohnst und lebst in Toronto – was machst du in Kanada genau?
🌚 Hi Lars, ich arbeite hauptsächlich als Storyboard Artist für ein größeres Studio in Toronto.
Als Storyboard Artist bin ich verantwortlich für die bildliche Umsetzung des Drehbuchs, damit spätere Departements - wie z.B. Animation - wissen was in welcher Szene passiert.
Meine Vorarbeit hilft außerdem die Szenen grob zu schneiden und fest zu legen wie lange ein Ausschnitt sein soll um die Handlung zu erzählen. Ich bin quasi ein zeichnender Kameramann/frau.
Zusätzlich arbeite ich allerdings auch als Illustratorin für Verlage und Werbeagenturen. Für mich ist das eine phantastische Mischung, da Storyboards Massen an SW-Zeichnungen sind und Verlagszeichnungen sehr viel weniger sind und dafür bunt. Ich hab also sehr viel mehr Zeit für ein einzelnes Bild.
Ins Verhältnis gesetzt zeichne ich für Animation etwa 35-50 SW-Skizzen pro Tag und für eine Buchillustration etwa 1-2 Bilder pro Tag. Das ist ein großer Unterschied 😁
Kanada gefällt mir gut. Ich mag vor allem, dass hier jeder einen anderen kulturellen Hintergrund hat. Dadurch ist diese Gesellschaft sehr tolerant und verständig gegenüber Einwanderern.
Es gibt natürlich immer Dinge, die nicht so sind wie man sie gewohnt ist. Ich hab hier z.B. nur 10 Tage Urlaub im Jahr. Das war eine enorme Umstellung zu den 21 Tagen, die ich in Deutschland hatte.
🐧 Das finde ich lustig, dass du die Urlaubstage erwähnst. Üblicherweise kommen sonst die anderen Essgewohnheiten in anderen Ländern – ist das kanadische Essen nicht so anders oder bist du schon zu lange dort, als dass das Essen ein Thema wäre?
🌚 Das Essen ist nicht sooo anders. Im großen und ganzen das selbe nur sehr viel weniger Auswahl. Z.B. Käse. Hier sind alle sehr stolz auf ihren Käse ... Chedar ... und sie haben sogar eine gemustere Version davon. Für mich ist das ziemlich erbärmlich, wenn du aus einer Region kommst, in der du mindestens 20 Käsesorten im Standard-Regal findest.
Das gleiche mit Kartoffeln, zwei Sorten oder du musst zum Biomarkt.
🐧 Wir kennen uns aus unserer gemeinsamen Hamburger Zeit, Bürogemeinschaft, Zeisehallen… dort hast du ein mega cooles Monster an die Wand gezaubert. Auf deiner Homepage habe ich diese Monster wieder entdeckt.
Was hast du aus der Zeit mitgenommen?
🌚 HA! Ja, das Monster, das war eine wirklich tolle Aktion. Vor allem auch das Zeitraffervideo von dir.
Die Bürogemeinschaft hat mir sehr geholfen professioneller aufzutreten, klarer zu formulieren was ich von meinen Kunden benötige und vor allem hat es mir geholfen über meinen Tellerrand zu sehen und neue Prozesse und Arbeitsweisen kennen zu lernen.
🐧 Dabei hast du die Aufnahmen zum Video verflucht, ich habe alle 20 sec. ein Foto geschossen, dieser Klick hat dich total genervt. Zum Glück kam jemand mit seiner Playlist um die Ecke und hat Musik gespendet, um das Geräusch zu übertönen 🙂 Wie ich sehe hast du auf deiner Homepage das Monster von der Wand noch weiter entwickelt und ein anderes, das auf einem kleinen Blatt im Büro hing gibt es auch (eine etwas neuere Version). Du bist deinen Figuren treu.
Du hast in der Hamburger Zeit umfangreich Schulbücher illustriert und vieles mehr. Du hast dich parallel aber auch in Sachen Animation fortgebildet. Dein Traum war einmal für große Studios irgendwo im Ausland zu zeichnen. Konntest du dir in Kanada diesen Traum bereits erfüllen oder steht da noch etwas aus?
🌚 Die Schulbücher waren ein schöner Start in die ganze Bilderbuchwelt. Es ist vermutlich ein Traum von vielen Illustratoren wenigstens ein mal ein Bilderbuch zu illustrieren. Als ich die Gelegenheit dafür bekam, habe ich sie natürlich genutzt.
Ich weiß, ich habe mit einer Bilderbuch-App bei uns in der Bürogemeinschaft angefangen, da die meisten Kollegen App-Programierer waren und ihr mit einer super Idee an mich heran getreten seid.
Frau Tüdl war mein erster Versuch ein Bilderbuch zu zeichnen und hatte eine große Lernkurve. Ich hab nie etwas aus ihr gemacht, das Konzept war nicht ausgereift genug. Allerdings war sie mein Zugang zu einem Verlagsexperiment, zu dem ich eingeladen wurde und noch mehr Gelegenheit hatte Bilderbücher zu kreieren ... von denen es leider nur eins ins Leben geschafft hat. Das war „Leon Reed“. Ein schönes Abenteuerbuch über einen Jungen, der nicht gerne Liest. In dem Wörter und Buchstaben anfangen aus der Welt zu verschwinden, nachdem er einen magischen Stift bekommen hat. Das war ein tolles Buch, weil ich Zeichnen konnte wie ich wollte.
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Ich denke meine persönlichste Arbeit, in der ich nicht viel nachgeben musste was Stil und Motiv an geht, war das Wimmelbuch, das ich für Cornelsen und die Eppendorfer Kinderklinik umgesetzt habe: „Was passiert in der Kinderklinik“.
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Meistens arbeite ich jedoch als Storyboarderin und gönne mir ein Buch pro Jahr, um meine Gehirnwindungen ein wenig zu lockern.
🐧 Hast du noch andere Träume?
🌚 Mein Traum von vor 10 Jahren hat sich erfüllt und wurde in der Zwischenzeit erweitert. Ich arbeite im Animationsbereich für ein großes Studio. Jetzt möchte ich mehr. Ich möchte irgend wann selber als Regisseur arbeiten oder in einem noch größeren Studio and noch schöneren Filmen ... (das bleibt natürlich zwischen mir und deinen Lesern)
🐧 Auf Instagram hast du aus dem letzten Oktober einen Inktober gezeichnet. Die Motive hast du vermutlich Tag für Tag aus dem Handgelenk geschüttelt. Wo nimmst du die ganzen Ideen her?
🌚 Die Ideen kommen, wie bei jedem der was machen soll und nur ein paar Zutaten hat. Mal schneller mal langsamer. Auf der Toilette oder wenn man gerade dem Bus hinterher rennt. Oder eine Wand anstarrt und über Einkäufe nachdenkt. Ich persönlich suche Inspiration oft im Internet bei anderen Illustratoren oder Fotografen. Dafür finde ich Pinterest phantastisch. Meistens scrolle ich durch die Bilder, schnappe hier was auf was mir gefällt und sehe da ein Element was ich spannend finde. Dann wird alles zu gemacht und ich setze mich hin und fange an meine eigenen Skizzen zu machen mit dem was noch im Hintergrund meines Kopfes flirrt.
Manchmal sitzt ich aber auch nur am Küchentisch und spreche über die neue Aufgabe und meine Familie macht `nen blöden Witz. Das hilft manchmal auch. 🙂
🐧 Du hast Frau Tüdl erwähnt, deine erste Kinderbuchgeschichte. Ich erinnere noch, dass alle stolz waren auf die Geschichte, die App, die Geschichte war gleich in mehrere Sprachen übersetzt von Englisch über Französisch bis Italienisch und Türkisch war zumindest angedacht.
In der App war alles auf Bewegung ausgelegt, Interaktionen, einiges wurde nicht umgesetzt, kleine Spielchen. Du hattest auch noch vor die Bilder für eine Printversion aufzubereiten, ist da jemals etwas daraus geworden?
🌚 Zu Frau Tüdl gab es nie eine Printversion und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht was aus der App geworden ist, die damals Gestalt an genommen hat. Damals war es einfach super schick wenn man eine App gemacht hat.
🐧 Die App gibt es leider nicht mehr, die hätte über die Jahre mehrfach den neuen technischen Gegebenheiten angepasst werden müssen. Ich hatte bei der letzten Weihnachtsfeier der Bürogemeinschaft mal nachgefragt. Leider.
Du kennst Kalle Pinguin schon lange, immerhin warst du eine der Ersten, der ich die Geschichte gezeigt habe. Nun ist das schon länger her, erinnerst du dich noch, kannst du meine Abschlussfrage beantworten – was ist dein Lieblings-Tier aus der Kalle Pinguin Geschichte?
🌚 Kalle natürlich!! 😀 ich kann mich vor allem an ihn erinnern und grob an sein Abenteuer. Ausserdem weiß ich noch das du dir einen abgebrochen hast bei den Reimen. Und dann bin ich auch schon aus dem Büro ausgezogen und hab nicht mehr weiter verfolgt was aus ihm wird. Zum Glück war er nicht auf mich angewiesen, um zu Überleben.