Interview-Partner: Daniela Tepper [Redakteurin]
🐧 Hallo Daniela, du bist irgendwann über unseren Kalle Pinguin Instagram Account gestolpert und hast mich angeschrieben. Dein Interesse war ein sehr spezielles, du bist dabei im November ein Event in Köln auf die Beine zu stellen. Worum geht es genau?
🎙 Oh, das wird hoffentlich eine sehr schöne Sache: Die erste Literaturo in Köln - nein, eigentlich überhaupt! Ein Fest rund ums Lesen. Mit vielen Workshops, Kreativimpulsen und anderen Veranstaltungen, die die Faszination für Bücher und alles, was mit Texten und Sprache zu tun hat, zu neuem Leben erwecken sollen.
🐧 Was ist dein Ziel mit der Literaturo?
🎙 Ich möchte so gern, dass wir alle wieder mehr Lust aufs und Spaß am Lesen bekommen! Vor allem Kinder und Jugendliche natürlich, aber ich finde auch, dass wir Erwachsenen da nicht immer nur leuchtende Vorbilder sind. Und ich glaube, dass es ein guter Weg ist, diesen Spaß durch das aktive und kreative Tun zu wecken: selbst eine Geschichte schreiben, selbst ein Buch illustrieren, selbst ein Höspiel oder einen Podcast sprechen, auf der Bühne stehen und einen selbstgeschriebenen Poetry-Slam performen, das ist doch viel spannender als gesagt zu bekommen: lies doch mal wieder...?!
🐧 Ich finde die Idee sehr interessant und selbst wenn es erst ein Jahr später stattfinden kann, wäre ich gern bei deinem ersten Anlauf dabei. Genau, das wäre mein erstes Mal, wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist das auch dein erstes Mal ein so großes Event auf die Beine zu stellen. Aber du hast sicherlich schon kleinere Events veranstaltet, oder?
🎙 Ja, eine ganze Menge. Ich habe etliche Jahre Kulturveranstaltungen für das "Salontheater Köln" gemacht, hat riesigen Spaß gemacht, aber jetzt war Zeit für etwas Neues. Und über selbstgeschriebene Geschichten und Theaterstücke für Kinder und Familien - und durch meine Dozententätigkeit an der Arturo Schauspielschule bin ich auf die Idee mit der Literaturo gekommen.
🐧 Was machst du, wenn du nicht gerade kreative Menschen und Publikum zusammenbringst?
🎙 Ich habe tatsächlich auch mal was Handfestes gelernt im Leben: Ich bin Journalistin und arbeite als Nachrichtenredakteurin beim Deutschlandfunk. Das ist dann immer wieder die Bodenhaftung in meinem Leben, wenn ich mal wieder hochfliegende Träume und Pläne habe, die auf Bühnen gehören!
🐧 Hast du Unterstützung für deinen Plänen?
🎙 Ja, tatsächlich finde ich es großartig, dass mein Chefredakteur beim Deutschlandfunk - Marco Bertolaso, Nachrichtenchef - die Literaturo so toll findet, dass er sich gern mit dem Format "Nachrichten leicht" daran beteiligen will. Da können Kinder und Jugendliche sich dann als Nachwuchs-Redaketure und Sprecher ausprobieren, die Chance hätte ich früher auch sehr gern gehabt!
🐧 Wie lange arbeitest du schon beim Radio?
🎙 Ich habe mit Beginn meines Studiums beim Radio angefangen - das war 1994, und damals war es Radio Leverkusen, meine allererste Redaktion. War ne tolle Zeit: Wir haben aus einer zum Studio umgebauten 3-Zimmer-Wohnung gesendet, sehr abenteuerlich. Aber ich konnte echt alles ausprobieren, und das als totale Anfängerin, ich bin meinem damaligen Chef bis heute zutiefst dankbar, dass er mich einfach hat machen lassen. Ich glaube, ich wäre nicht dabei geblieben, wenn das anders gewesen wäre!
🐧 Radio Leverkusen, 3-Zimmer-Wohnung, 1994, das war ein privater Regionalsender, die private Radiolandschaft war noch relativ jung, alles ein Abenteuer, oder?
🎙 Das kann man wohl sagen! Wir haben damals noch mit Bandmaschinen gearbeitet, meine ersten Berichte habe ich noch auf einer Schreibmaschine geschrieben. Irgendwann hat dann ein Kollege seinen privaten Rechner mitgebracht - unser erster Redaktions-PC. Von Digitalisierung war auf der Ebene damals noch keine Spur. Ach ja, an meinen ersten Außeneinsatz als Reporterin kann ich mich auch noch sehr gut erinnern: Es war ein Feuerwehreinsatz auf der Autobahn, größerer Unfall, ich bin dann mit dem Funktelefon hin. Das war damals noch so groß wie ein Reisekoffer. War schon eine spannende Zeit für mich...
🐧 Bei welchen Sendern hast du bereits gearbeitet, am Mikro gesessen oder als Redakteurin gearbeitet?
🎙 Ach, bei ganz schön vielen. Bei diversen Lokalfunk-Stationen im Rheinland, die beste Schule, die ich mir wünschen konnte - da habe ich dann auch volontiert und gleichzeitig meinen Magister in Politik an der Uni gemacht. Danach öffentlich-rechtlich gearbeitet: Hessischer Rundfunk, Deutsche Welle, WDR, Deutschlandfunk, bei diversen Programmen. Inforadio, Popradio, sogar Schlagerradio einige Jahre, hat riesigen Spaß gemacht. Mit meiner Stimme und meinen Worten Menschen erreichen dürfen, das war ein unfassbar großes Glück für mich, und ich kann mir ehrlich gesagt keinen besseren Job vorstellen.
🐧 War das schon immer dein Traum oder wolltest du eigentlich ganz woanders hin?
🎙 Also - ganz ganz ganz eigentlich wollte ich Toningenieurin werden. Am Mischpult zu sitzen und Musikproduktionen machen zu können, das war mein großer Traum. Damals wollte ich in Düsseldorf studieren, bin aber kläglich an der musikalischen Aufnahmeprüfung gescheitert - einfach nicht genug geübt. Tja, und dann dachte ich: machst du eben das, was du am besten kannst. Reden. Und da lag das Radio ziemlich nah. Letzten Endes bin ich da dann ja auch am Mischpult gelandet. UND dufte noch reden gleichzeitig!! Besser hätte es echt nicht kommen können…
🐧 Tontechnikerin ist trotz Emanzipation und Frauenbewegung heute trotzdem noch oder vielleicht wieder ein ungewöhnlicher Beruf für eine Frau. Wenn ich in die 90er zurück blicke, habe ich den Eindruck dass wir, also unsere Gesellschaft, schon mal etwas weiter waren. Heute wird mehr gegendert, aber es gibt auch mehr rosa und nach meinem Eindruck weniger Frauen in typischen Männerberufen. Täuscht mein Eindruck, wie siehst du das?
🎙 Schwierige Frage. Ich habe schon den Eindruck, dass zumindest größere Unternehmen und auch die Funkhäuser gesteigerten Wert auf eine ausgeglichene Quote auf allen Ebenen legen. Und es gibt tatsächlich viele Frauen auch im technischen Bereich, das ist zumindest meine Erfahrung. Andererseits beobachte ich aber auch bei den jüngeren Generationen so etwas wie eine Rückbesinnung auf andere Werte: Familie, Freizeit, Beziehungen, Zusammenhalt. Heimatverbundenheit vielleicht auch. Ich bin da etwas hin- und hergerissen: Einerseits habe ich immer sehr gern und auch viel gearbeitet, andererseits hätte ich mir vielleicht bewusster mehr Zeit für meine Familie nehmen sollen. Beides zu vereinen, finde ich nach wie vor sehr schwierig; gerade in Jobs, in denen nine-to-five eher unüblich ist, ist es verdammt schwer, beides gut unter einen Hut zu bekommen.
Und Gendern ist so ein Thema, auf das ich persönlich sehr empfindlich reagiere. Ich halte diese Gendersternchen-Experimente für ziemlich anstrengende Verrenkungen, und in vielen Fällen funktioniert es auch einfach nicht. Ist ein Thema für sich, ehrlich gesagt. Auf der anderen Seite sehe ich an meinen beiden Söhnen, dass sie völlig selbstverständlich andere Worte gebrauchen: Sie sagen z.B. ganz oft "eine Person aus meiner Klasse" anstatt "einer aus meiner Klasse". Vielleicht hat sich da schon sehr viel Selbstverständliches im alltäglichen Sprachgebrauch geändert...
🐧 Das stimmt, jetzige Schüler*innen wachsen damit auf, für die ist es selbstverständlich und so soll das auch gut sein. Sicherlich ist das ein an dieser Stelle viel zu umfangreiches Thema, also zurück zu dir.
Letztlich bist du über Umwege doch am Mischpult gelandet, nur Musikproduktionen sind es nicht, die du abmischst. Würdest du das gerne noch mal machen?
🎙 Mache ich hobbymäßig tatsächlich sehr gern in meinem Heimstudio. Heute braucht man gar nicht mehr viel, um gute Ergebnisse zu erzielen: Mein Studio passt in einen Rucksack. Laptop, Audio-Interface, gutes Mikrofon, bei Bedarf auch zwei - fertig. Das steht in den Funkhäusern und kostet siebenstellig! Wahnsinn.
🐧 Neben Radio arbeitest du gern mit Kindern. Einer deiner Junior-Jounalisten hat mit mir ein PodCast aufgenommen. (erzähl einfach mehr dazu)
🎙 Ja, das ist fast mein liebstes Spielfeld. Ich habe irgendwann angefangen, mich zu fragen, warum so wenige Hörbücher und Hörspiele von Kindern für Kinder gesprochen werden. Und dachte: gut, machst du das einfach selbst. Inzwischen habe ich eine ganze Reihe wirklich toller Kinderstimmen, die mit mir solche Produktionen machen! Und dann kam mit der LITERATURO die Idee auf, einen begleitenden Podcast zu produzieren: Schön und gut - das junge Buch. Und da wieder die selbe Überlegung: Das sollen doch lieber Kinder und Jugendliche machen, schließlich geht es um ihre ganz eigene Bücherwelt! Also interviewen wir nun jede Woche Kinder- und Jugendbuchautoren, sprechen mit Illustratoren, machen Buchrezensionen und lesen kurze eigene Geschichten vor. Jeden Samstag kommt eine neue Folge, überall da, wo es Podcasts gibt!
🐧 Dich fasziniert das Arbeiten mit Kindern, du arbeitest als Redakteurin, da gibt es unheimlich viele Themen die sich anbieten – du hast doch bestimmt auch schon ein Kinderbuch geschrieben?
🎙 Ich habe tatsächlich schon ein Kinderbuch veröffentlicht: "Der Tag, an dem die Weihnachtsfrau aus allen Wolken fiel". Drei weitere sind fertig, werden gerade illustriert und sollen auch noch in diesem Jahr erscheinen. Haben alle drei überhaupt gar nichts mit Weihnachten zu tun 😊
🐧 O.k., das klingt nicht danach, dass du etwas mehr darüber an dieser Stelle verraten möchtest. Aber vielleicht verrätst du mir noch dein Lieblings-Tier aus der Kalle Pinguin Welt.
🎙 Es ist echt schwierig... denn ich LIEBE das Kalle-Universum total! Jedes Tier hat etwas Liebenswertes. Aber wenn ich mich entscheiden muss, dann nehme ich die Giraffe. Die ist einfach toll!