Interview-Partner: Jörg Hilbert [Autor & Illusrator von Ritter Rost]
🐧 Hallo Jörg, wie viele Punkte hast du in deinem Leben gemalt?
✏️ Aktuell bin ich bei 37.023.842.353.294 Punkten (wenn man die i-Punkte, Doppelpunkte und den Schlusspunkt dieses Satzes nicht mitzählt).
🐧 Weniger bekannt bist du für deine Romane, die du geschrieben hast.
✏️ Alle meine Romane sind Romane für Kinder: Die vier Geschichten aus den Ritter-Rost-Kosmos (Rösti und Bö, Koks der Drache, Ratzefummel und Don Quietsch), die Pappenheimer, Karo und Blaumann und ein paar andere mehr. Richtig dicke Bücher sind es alle nicht, dazu noch voller Bilder. Inspiriert dazu haben mich dazu vor allem die Bücher von Erich Kästner, namentlich „Der 35. Mai“, das bis heute eines meiner Lieblingsbücher ist. Ich habe immer wieder versucht, lange Geschichten zu schreiben, aber mir liegen die kleineren Formen besser. Der erste Entwurf ist oft mehr als doppelt so lang als das Endergebnis. Meist bin ich dann aber unzufrieden und dampfe die Worte so lange ein, bis diese gewisse sektprickelnde Knappheit und Kürze entsteht, die ich immer anstrebe. Es gefällt mir auch beim Lesen, wenn die Sprache auf den Punkt kommt und ich nicht dreimal nachlesen muss, um zu verstehen, was gemeint ist.
🐧 Ganz ehrlich bitte, ist Ritter Rost auch deine Lieblingsfigur oder nur deine bekannteste?
✏️ In jedem Buch gibt es Lieblingsfiguren, sonst würde ich es vermutlich nicht schreiben. Bei Ritter Rost sind es der lächerliche Ritter selbst, der fröhliche Koks und die gewissenhaft-kluge Bö. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass die drei zusammengenommen vermutlich ein Spiegelbild meiner selbst sind.
🐧 Nimm uns mal mit in die Welt von Ritter Rost, wenn du dir Geschichten mit und um ihn herum schreibst, sie dir mit dem Stift eroberst, wie kommt man auf all diese feinen Ideen, die ja beim Lesen oder Anhören so deutlich sind, aber irgendwer muss die Welt doch mit diesem besonderen Blick einfangen. Das bist du, der das macht, wie geht das?
✏️ Ich habe schon als Kind über eine ziemlich eigentümliche Fantasie verfügt, der nicht immer alle folgen konnten (oder mochten). Das hat sich einfach nur fortgesetzt und ist dann zu dem geworden, die ich heute schreibe, zeichne und gestalte. Die Geschichten haben immer noch viel mit denen zu tun, die ich mir mit meinen Brüdern nachts im Bett ausgedacht habe, wenn wir eigentlich schlafen sollten. Neben unserem Haus gab es einen Wald, in dem wir unsere Abenteuer erlebt haben – daraus ist später der Fabelwesenwald geworden. Diese Art zu denken ist das, was ich als „Kreativität“ bezeichnen würde. Sie ist keine besondere Eigenschaft, sondern einfach nur eine andere spielerische Perspektive auf die Welt, die Kinder wie selbstverständlich haben und Erwachsene gerne vergessen.
🐧 Ritter Rost, Bö und Koks sind nicht deine ersten Figuren, nicht deine ersten Geschichten, aber waren sie so etwas wie dein Durchbruch?
✏️ Die drei sind das Ergebnis einer langen Entwicklung, die in den Figuren unserer Kinderspiele ihren Ausgang genommen hat und sich mit der Zeit zur Welt des Ritter Rost gewandelt hat. Die „Eiserne Burg“ ist unsere alte „Thomasburg“ und Koks der Drache war früher ein kleiner einsamer Saurier. Ich habe mir immer irgendwelche Geschichten ausgedacht. Dass Ritter Rost dann das erste Kinderbuch wurde, für das ich wirklich einen Verleger gefunden habe, ist eher Zufall.
🐧 Du hast bereits als Schüler angefangen zu illustrieren. Gab es einmal etwas anderes, was du vielleicht hättest beruflich machen wollen oder standest du vielleicht kurz davor dir etwas anderes suchen zu müssen, weil dass Geld knapp wurde?
✏️ Als Schüler habe ich mich zeitweise auf ein Musikstudium vorbereitet. Von meinen eigenen Fähigkeiten als Schriftsteller oder Zeichner war ich selber kein bisschen nicht überzeugt. Umso überraschter war ich dann, wie locker und selbstverständlich ich die Aufnahmeprüfung zum Design-Studium auf der Uni Essen (heute Folkwang-Schule) geschafft habe. Mir hat auch sehr mein Vorbild und Förderer Paul Flora geholfen – gar nicht so sehr mit konkreten Tipps, sondern einfach nur durch die Bestätigung, die er mir in jungen Jahren gegeben hat. Finanziell gesehen komme ich von ganz unten aber ich habe BAFöG erhalten und zum Glück kann man mit dem Zeichnen und Grafik-Design auch immer ganz gut nebenher arbeiten. Hier ein Flyer, da eine Veröffentlichung …
🐧 Das heißt, dass man dich für Werbeflyer und andere Grafik-Design Produkte ganz normal buchen kann?
✏️ Im Prinzip ja, aber ich habe gar nicht genügend Zeit für solche Arbeiten und gebe sie in der Regel an befreundete Designer weiter (oder arbeite mit ihnen zusammen).
🐧 Alles andere hätte mich jetzt auch gewundert 🙂
Wärst du denn manchmal lieber in einem anderen Job gewesen?
✏️ Ich bin vermutlich das, was man einen „verhinderten Musiker“ nennt. Aber das ist gar nicht so falsch, denn auf diese Weise kann ich dieser Neigung völlig frei und ohne wirtschaftlichen Zwang nachgehen. Wenn man etwas für Geld macht, ist immer die Gefahr da, dass man sich verbiegen muss und das ist nicht immer gesund. Nein, ich habe mich nie nach einem anderen Job gesehnt. Nur vielleicht hier und da mal nach etwas mehr Sicherheit. Aber das ist halt so, wenn man freiberuflich unterwegs ist.
🐧 Welches oder welche Instrumente spielst du?
✏️ Der Größe nach aufgelistet: Ukulele, Gitarre, Renaissancelaute, Barocklaute und Theorbe. Außerdem ein paar verwandte Zupfinstrumente wie Renaissance- und Barockgitarre. Früher hatte ich auch mal eine Weile Klavier- und Cellounterricht. Ich besitze ungefähr 25 Instrumente 🙂
🐧 Kann man dich irgendwo spielen sehen?
✏️ Klar:
Theorbe: youtu.be/uw06FjMjAFU
Renaissancelaute: youtu.be/bvyz2tBi6XQ
Renaissancegitarre: youtu.be/ZrELqEMAYAw
Auf meiner Website gibt es noch mehr Videos: www.joerghilbert.de/musik
🐧 Du hast im Internet ein paar kleinen Beiträge, in denen du deine Werke liest, du hälst Lesungen. Ich finde deine Art total faszinierend, du spielst mit den Worten, sie kommen mit einer Leichtigkeit und einem Witz – hast du dafür einmal Schauspielunterricht oder ähnliches genommen?
✏️ Danke für das Kompliment … nein, abgesehen von zwei Stunden Sprechunterricht habe solchen Unterricht nie genossen. Es ist ein Talent, dass viele in unserer Familie haben. Ein Zufall ist das vermutlich nicht, denn wir sind entfernt mit dem Dichter Joachim Ringelnatz verwandt.
🐧 Anfang Juli 2021 warst du mit Danny Beuerbach in der Mission Lesen in Leipzig unterwegs. Wie ist das entstanden?
✏️ Aus purer Sympathie für den Burschen und sein Projekt als Vorlesefriseur. Wir haben uns vor ein paar Jahren auf einem Lesefest kennengelernt und in Leipzig einfach mal ausprobiert, was passiert wenn wir uns zusammen in die Fußgängerzone setzen und einfach mal machen.
🐧 Vielen dank für die Einblicke und bevor ich das Interview nun beende noch die Frage, die ich immer zum Schluss stelle, die darf hier auch nicht fehlen: Welches ist dein Lieblings-Tier aus unserer Kalle Pinguin Kinderbuchgeschichte?
✏️ Der Elefant ... weil er so einen ulkigen Rüssel hat 🙂