Interview-Partner: Heidi Troi [Autorin]
🐧 Hallo Heidi, du hast mir vor längerer Zeit einmal verraten, dass du auf social media nur unterwegs bist, weil dein Verlag dir das nahe gelegt hat. Wie ist das mittlerweile, du postest fleißig, regelmäßig auf facebook und instagram. Und du hast abwechslungsreiche Themen.
🎭 Es ist immer noch so, dass ich wahrscheinlich um Social Media einen weiten Bogen machen würde, wenn ich nicht Autorin wäre. Inzwischen habe ich es ein bisschen schätzen gelernt, weil tatsächlich einige Leser*innen die Möglichkeit nutzen, um sich mit mir zu vernetzen und auch viele Autor*innen. Es sind grad über die Sozialen Medien tatsächlich einige Freundschaften entstanden, die ich nicht missen möchte.
🐧 Facebook oder Instagram?
🎭 Instagram nutze ich erst seit einem Jahr. Tatsächlich erst seit ich Autorin bin. Aber die Community dort ist viel lebendiger und interaktionsbereiter. Was mir dort anfangs zu schaffen gemacht hat, ist, dass ich ja Autorin bin und keine Fotografin und die Beiträge dort eigentlich Bildbeiträge sind. Auf Facebook kann man theoretisch auch anderes posten. Auf Facebook mag ich die Vernetzung mit Gruppen. Mit mehreren Gleichgesinnten sich über verschiedene Themen auszutauschen, finde ich toll.
🐧 Aber deine eigentliche Leidenschaft sind nicht die Kurztexte in Posts, du schreibst Kinderbücher. Die „Zeitreise mit den Nepomuks“ ist dein aktuelles Kinderbuch und im joHoi Verlag erschienen. Worum geht es bei den Nepomuks?
🎭 Die „Zeitreise mit den Nepomuks“ ist der erste Band einer Zeitreise-Reihe für Leser*innen ab 8 Jahren, mit der ich mir einen kleinen Traum erfüllt habe. Es ist nämlich ein Buch, das ich vor allem für Südtiroler Kinder geschrieben habe – aber nicht nur. In dem Buch entdecken vier Kinder, wie sie in die Vergangenheit reisen können und reisen dabei in Epochen, die in vergleichbaren Büchern nicht oder ganz anders behandelt werden. Die Räter sind zum Beispiel eine Volksgruppe, die vor etwa dreitausend Jahren bis zur Bezwingung durch die Römer von der Poebene bis zum Rhein-Donau angesiedelt waren. Ein Teil unserer Geschichte, der in keinem Kinderbuch vorkommt. Dafür arbeite ich mit der Kinderbuchillustratorin Evi Gasser zusammen, die ebenfalls aus Südtirol kommt. Da wir uns ausgerechnet haben, dass wir für dieses Kinderbuch mit starkem Regionalbezug keinen Verlag finden würden, haben wir es erst gar nicht versucht und es im Eigenverlag herausgebracht, den wir kurzerhand JoHoi getauft haben, was soviel bedeutet wie „Ja, hallo!“ Also ein sehr spannendes Projekt 😉
🐧 Das ist aber nicht dein einziges Kinderbuch. In unserem ersten Kalle Pinguin Kinderbuch trifft Kalle in Afrika auf eine Giraffe Namens Mia. Also bei uns ist Mia in einer Nebenrolle, bei dir ist Mia deine Protagonistin und ein Mädchen und keine Giraffe. War „Mia mag Geheimnisse“ dein erstes Buch?
🎭 Ja, als ich Mia, die Giraffe in deinem Buch getroffen habe, habe ich auch geschmunzelt. Mia ist tatsächlich keine Giraffe, sondern ein Mädchen, das Geheimnisse einfach nicht für sich behalten kann. Das ist natürlich in der Vorweihnachtszeit ein Problem, vor allem, wenn die Klasse beschließt, dass gewichtelt werden soll. Und „Mia mag Geheimnisse“ ist nicht mein erstes Buch, sondern streng genommen mein zweites. 2020, als die Mia veröffentlicht wurde, ist nämlich auch „Lola reicht’s“ herausgekommen. Nur ein paar Monate früher.
🐧 Das heißt du bist noch eine junge Autorin, das bedeutet aber auch, dass du wohl auch schon mal etwas anderes gemacht hast.
🎭 He, das ist mein Satz 😉 Den Scherz, dass ich eine „junge“ Autorin bin, erlaube ich mir nämlich manchmal bei Lesungen. Aber du hast recht. Mein erstes Buch wurde im Jahr 2020 veröffentlicht. Bis dahin habe ich zwar immer wieder mal für mich oder meine Familie geschrieben, aber das war’s schon. Etwa fünfundzwanzig Jahre lang war ich Grundschullehrerin und nebenher habe ich zusammen mit meinem Mann das Theaterpädagogische Zentrum Brixen aufgebaut. Erst vor zwei Jahren habe ich die Grundschule an den Nagel gehängt (mit einem weinenden Auge) und bin jetzt nur noch Theaterpädagogin … na ja und eben Autorin.
🐧 Und kannst du jetzt von deinem Autorin sein leben?
🎭 Um davon leben zu können, bin ich wohl nicht bekannt genug. Also nein. Ich bin Nebenher-Autorin. Der Lockdown und die damit verbundene Einschränkung dessen, was sonst meinen Beruf ausmacht, haben mir aber für kurze Zeit ein Vollzeit-Autoren-Feeling vermittelt. Da habe ich wirklich viele Stunden am Tag schreiben können, was in „normalen“ Zeiten ja leider nicht geht und das wäre schon was. Trotzdem bin ich froh, dass jetzt auch Theater wieder möglich ist und freue mich schon drauf, zusammen mit meinen Theaterkids neue Geschichten zu entdecken.
🐧 Für welches Alter schreibst du?
🎭 Ich schreibe am liebsten für Kinder im Grundschulalter. Das ist vielleicht aus dem Grund so, weil ich diese Zeit am intensivsten erlebt habe. Ich kann mich an so einige Situationen erinnern, in denen ich mir als Kind gedacht habe: „Das hier will ich mein Leben lang nicht vergessen.“ Oder „Ich möchte nie in meinem Leben so ungerecht sein.“ Das sind natürlich Situationen, aus denen Geschichten wachsen können. Als ich mich irgendwann zu einem Autorenkurs bei Lea Korte angemeldet hatte, um aus meinem Traum Wirklichkeit zu machen, wollte ich auch tatsächlich ein Kinderbuch schreiben. Aber irgendwie passte das mit den Schreibaufgaben nicht zusammen und plötzlich war ein Krimi da … War nicht so geplant und ehrlich gesagt hatte ich anfangs auch eine riesige Angst vor dem erwachsenen Lesepublikum. Jetzt bin ich Kinderbuch- und Krimiautorin und ich denke, dabei wird es nicht bleiben ;-)
🐧 Wie viele Titel hast du bereits veröffentlicht?
🎭 Zurzeit sind das zwei Krimis, die zu der Brixenkrimi-Reihe rund um den etwas tollpatschigen Ermittler Lorenz Lovis gehören und Band 3 ist in Arbeit. Und dann gibt es mittlerweile drei Kinderbücher von mir, aber genauso viele warten auf die Veröffentlichung. Und zwar der zweite Band der „Zeitreise mit den Nepomuks“, in dem es in die Zeit der Römer geht und dann die ersten beiden Bände einer Kinderkrimireihe, die ich im Auftrag des Obelisk Verlags geschrieben habe. Die sollten ursprünglich auch im Herbst herauskommen, aber aufgrund des Buchmarkts, der vor allem vor kleine Verlage schwierig ist, wird der Erscheinungstermin wohl ins Jahr 2022 verschoben werden. Mal sehen …
🐧 Brixen, wer einen spezifischen Ort in seine Geschichten einbaut, der hat dort mindestens recherchiert, aber vielleicht auch ein spezielles Erlebnis in der Gegend oder aber der lebt dort oder in näherer Umgebung. Wie ist dein Verhältnis zu Brixen.
🎭 Ich bin in Brixen geboren und aufgewachsen. Mit ganz kurzen Pausen, die einem Studium oder einem Jahr als Lehrerin einer Bergschule geschuldet waren, habe ich auch immer hier gelebt und möchte das auch gar nicht anders haben. Brixen ist ein wunderschönes Fleckchen Erde, eine kuschelige Kleinstadt mit einer aufregenden Geschichte, die bis in die Steinzeit zurück reicht, in einer halben Stunde bin ich hoch oben auf dem Berg, wenn ich das will. Was will man mehr?
🐧 Das bedeutet Brixen ist dein Lebensmittelpunkt und damit bist du sicherlich zweisprachig.
🎭 Genau. Meine Muttersprache ist Deutsch, Italienisch ist meine Zweitsprache. Da ich über das Theater ganz viel mit Menschen auf der ganzen Welt zu tun habe, spreche ich auch Englisch.
🐧 Seid ihr denn in beiden Sprachen unterwegs. Du hattest oben euer Theaterpädagogische Zentrum erwähnt.
🎭 Obwohl das Land Südtirol zweisprachig ist, ist es nicht unbedingt so, dass auch alle Angebote automatisch zweisprachig sind. Im Theaterpädagogischen Zentrum wird in deutscher Sprache gearbeitet, aber es kommen auch viele italienischsprachige Kinder zu uns. Im TheaterStudio Freitag, unserer Gruppe für Erwachsene, wird tatsächlich zweisprachig aufgeführt. Ich empfinde diese Mehrsprachigkeit als großen Gewinn und versuche sie auch in den Krimis zu zeigen – zum Leidwesen einiger Leserinnen und Leser.
🐧 Das finde ich total spannend, ich hatte leider nicht das Glück zweisprachig aufzuwachsen, diese Erfahrung fehlt mir.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen Theater mit Pädagogik zu verbinden?
🎭 Unser Theaterpädagogisches Zentrum war früher ein Kinder- und Jugendtheaterverein, der riesige Produktionen auf die Bühne gebracht hat. Da waren teilweise hundert Menschen involviert, ein mega Stress, der Regisseur (mein Vater) ist regelmäßig vor der Aufführung explodiert. Als er dann endgültig die Schnauze voll hatte und uns den Laden vor die Füße geschmissen hat, haben wir überlegt, wie man das anders aufziehen kann. Wie es manchmal so ist im Leben: Genau zu diesem Zeitpunkt wurde ein berufsbegleitender Lehrgang für Angewandte Theaterpädagogik mit Referenten der Schauspielakademie Zürich angeboten und wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und bald gewusst, dass das unser Weg ist. Das Schöne an der Art, wie wir Theater machen, ist, dass es nicht einzelne Hauptrollen gibt, die auf der Bühne glänzen dürfen, sondern dass die Stücke das Ergebnis einer Gruppe sind. Und wir haben tolle Gruppen, die sich oft auch Jahre nach der letzten Aufführung noch treffen.
🐧 Darf ich fragen, wie ihr euch kennengelernt habt – beim Theater spielen?
🎭 Bei uns hat es mehrere Anläufe gebraucht. Mein Mann hat wie ich die Lehrerbildungsanstalt besucht, war aber in einer anderen Klasse und wir hatten wenig Berührungspunkte. Danach hatten wir zufällig unseren ersten Lehrerjob in derselben Schule. Gefunkt hat es aber erst, als er den Auftrag erhielt, eine Theateraufführung zu filmen, bei der ich als Beleuchterin involviert war. Dann gab es eine Party und ...
🐧 Hast du noch eine weitere Leidenschaft?
🎭 Hab ich. Ich singe leidenschaftlich gern und war wie der Ermittler meines Brixenkrimis im Brixner Domchor und in einem weiteren Chor. Die Pandemie hat das natürlich alles eingefroren, aber ich hoffe, dass es im Herbst wieder normal laufen kann.
🐧 Vielen Dank für deine Einblicke, aber ohne meine obligatorische Frage nach deinem Lieblings-Tier aus unserer Kalle Pinguin Geschichte kann ich dich noch nicht ziehen lassen.
🎭 Ich liebe Mia, die Giraffe, mit dem Fisch im Hals. Aber nachdem ich mir von dir ja den Orca als Postkarte gewünscht habe, muss ich den auch noch zu meinen Lieblingstieren dazu nehmen. Schließlich zieht er Kalle ja auch wieder nach Hause.