Interview-Partner: Martina Kanold [Illustratorin]
🐧 Hallo Martina, im Mai war Kalle zu Besuch auf den Kirchberger Kinder- und Jugendliteraturtagen. Das war in diesem Jahr die zweite Messe, die Du mit initiiert hast. Um die Messetage hattest Du eine Menge zu tun. Wie blickst Du nun auf das Mai-Wochenende zurück?
📚 So eine Messe zu organisieren bedeutet unheimlich viel Arbeit. Ab Januar wurden die Autoren eingeladen, Pressetexte geschrieben, Sponsoren gesucht und angeschrieben usw. Vier Wochen davor fing ich an, im Umkreis von 30 km Plakate aufzuhängen. Da hatte ich zum Glück Hilfe, den Teil um Gaildorf herum hat die Autorin Annika Debschütz-Frey (Das Einhorn voller Zorn) übernommen. Ich habe 120 Kindergärten persönlich besucht und Ihnen von unserer Messe erzählt. Das waren insgesamt über 135 Stunden Arbeit. Aber natürlich gab es da noch die Anne Hirschle-Zimmermann, Leiterin der Stadtbibliothek Kirchberg. Ohne sie kann ich so einen Event nicht durchziehen. Anne hat Kontakte zu den umliegenden Stadtbüchereien und konnte dort für die Kinderliteraturtage werben. Außerdem konnte sie als offizielle Stelle den Sponsor anschreiben, der uns am Ende dann auch wirklich unterstützt hat. Das war der deutsche Literaturfonds. Unter dem Deckmantel von Neustart Kultur, bekamen wir soviel Geld zugesprochen, dass wir allen 24 Autoren Geld für die Lesung zahlen konnten, ihnen die Fahrtkosten ersetzen und noch einen Zuschuss für die Unterkunft zahlen konnten. Das war für uns eine große Freude, aber für Anne bedeutete das auch sehr viel Arbeit danach.
Aber klar, der Aufwand hat sich rentiert, weil man so unfassbar viele liebe Autorenkollegen kennenlernen durfte. Und sie haben dieses Wochenende einfach gerockt mit ihren kreative Bastelevents und den tollen Mit-mach-Ideen auf der Bühne. Wir hatte sogar ein lebensgroßes Hamster-Maskottchen, dass Luftballons verteilt hat und das Stoffpferd Banause hat Reitstunden erteilt. Ich bin mir 100 prozentig sicher, wir haben alle zusammen dass erreicht, was wir wollten – wir haben ganz vielen Kindern gezeigt, dass Bücherlesen bedeutet, in spannende Geschichten und Welten einzutauchen.
🐧 Du hast 120 Kindergärten besucht?
📚 Na ja, wir sind hier auf dem Land. Da gibt es jede Menge Kindergärten. Allein in der großen Kreisstadt sind es 30. Ich habe dort jeweils geklingelt, unser Projekt vorgestellt und ein Plakat hinterlassen. Die meisten Kindergärten haben uns unterstützt, da es sich ja um ein Leseprojekt handelte und keinen Eintritt kostete. Nur wenige wollten keine Werbung haben. Ich war eine Woche lang unterwegs und habe mir davor eine Liste gemacht mit allen Kindergärten im Umkreis von 20 km.
🐧 Inzwischen hast Du Dein nächstes Buch veröffentlicht. Stell uns doch Deinen Friesemut einmal kurz vor.
📚 Mein neues Buch heisst: Der lange Knut hat Mut. Darin geht es um einen besonders ängstlichen Piratenjungen, der soviel Angst hat, dass er von seinem Kapitän ausgesetzt wird. Seither schippert er auf seinem kleinen Piratenboot, der wilden Esmeralda über die sieben Weltmeere. Aber die Angst hat er leider immer noch. Bis er eines Tages den Entschluss fasst, daran etwas ändern zu müssen. Er möchte mutiger werden. Im selben Augenblick fischt er eine blaue Krake aus dem Wasser, die sich ihm als Friesemut vorstellt. Friesemut hat vor gar nichts Angst und zeigt dem langen Knut, wie das geht. So werden die beiden dicke Freunde.
🐧 Was hat Dich zu der Geschichte „Der lange Knut hat Mut“ inspiriert?
📚 Ich war ein ziemlich ängstliches Kind. Weil ich viel Fantasie hatte, sah ich nachts in meinem Zimmer überall Monster, die mich fressen wollten. So hatte ich tierische Angst vorm Einschlafen. Ich musste mir erst Strategien überlegen, wie ich mich vor diesen Monstern schützen konnte.
Mit diesem Buch möchte ich Kindern in erster Linie eine spannende Abenteuer Geschichte erzählen. Aber gleichzeitig zeigt Friesemut dem langen Knut genau solche Strategien auf, wie man seiner Angst entgegen treten kann. Und ganz besonders würde ich mich freuen, wenn Papa oder Mama nach dem Vorlesen mit ihrem Kind ins Gespräch kommen würden, so in etwa: wie geht es dir denn. Gibt es etwas, was dir ganz viel Angst macht.
🐧 Du schreibst und illustrierst Deine Bücher, wie oder was ist das für Dich?
📚 Zeichnen ist mein Leben. Ich wollte schon immer Kinderbücher illustrieren. Nun ist das aber kein Beruf, von dem man Leben kann und so bin ich Werbegrafikerin geworden und habe jahrelang in einer Werbeagentur gearbeitet. Aber immer nebenbei gezeichnet Dann kamen die Kinder und ich hatte erst recht keine Zeit meinen Traum zu verwirklichen. Das konnte ich erst, als die Kinder groß genug waren. Ja, Geschichten erfinden und zu illustrieren bedeutet mir sehr viel.
🐧 Schreibst Du auch andere Bücher oder Geschichten?
📚 Nein, bisher habe ich nur Bilderbücher gemacht. Früher für meine eigenen Kinder und heute für alle Kinder, die meine Geschichten hören und sehen wollen.
🐧 „Bisher“, hättest Du denn eine Idee für einen Roman, einen Krimi oder etwas anderes mit viel Text?
📚 Na ja, eigentlich möchte ich gerne mal einen Kinderroman schreiben für 9-jährige. Eine zeitlang habe ich mich ziemlich mit der Geschichte unserer Stadt beschäftigt, die ganz schön viel Stoff für einen tollen Kinder-Geschichts-Roman bietet. Aber ich bin Illustratorin. Ich kann zeichnen. Das Schreiben lerne ich jetzt in einem Fernstudium bei der Schule des Schreibens. Und wenn ich dort fertig bin – vielleicht wage ich mich dann an so ein Projekt.
🐧 Noch einmal zurück zur Messe. Dazu gibt es auch eine kleine Entstehungsgeschichte.
📚 Ja, das war 2021. Da war ich zu Besuch auf der Buch Berlin. Es gab dort noch andere Kinderbuchautoren, die einen eigenen Stand hatten und die ich übers Internet gekannt hatte. Ich fuhr nach Berlin, um die Autoren persönlich kennenzulernen. Abends beim gemeinsamen Essen in einem Restaurant hatte ich dann die Idee, so einen Event eventuell in meiner Heimat in Kirchberg an der Jagst zu veranstalten. Allerdings wollte ich, dass die Autoren möglichst wenig Standgebühren zahlen müssen und zusätzlich zu ihrer Lesung noch irgendeinen Beitrag bringen um die Kinder ein ganzes Wochenende zu unterhalten. Denn mir war klar, dass die Familien nicht wegen unserer Bücher kommen. Wir sind ja leider nicht Paul Maar oder Cornelia Funke. Darum müssen wir ein wenig mehr bieten, wie „nur“ unsere Geschichten. Ich fragte die anderen Autoren, was sie von meiner Idee hielten und sie waren alle begeistert.
Zu Hause besuchte ich unsere Stadtbücherei und stellte meine Idee der Anne Hirsche-Zimmermann vor. Sie war sofort Feuer und Flamme. Am nächsten Tag hatten wir die Stadthalle. Und so wurde aus einer Idee ein wunderbarer Event.
🐧 Gibt es so etwas wie einen schönsten Moment im Zusammenhang mit den Messe-Tagen?
📚 Da war ein kleiner Junge vor meinem Stand. Gerade mal zwei Jahre alt, würde ich schätzen. Ganz stolz hielt er in seiner Hand einen gasgefüllten Luftballon. Dann ließ er ihn aus Versehen los und der Luftballon schwebte langsam, ganz langsam an die Decke der Halle. Ich konnte das Gesicht des Jungen beobachten, wie das glückliche Leuchten aus seinen Augen entwich als ihm der Verlust bewusst wurde. Er setze sich auf seinen mit einer Windel gepolsterten Po und fing herzergreifend an zu weinen. Im gleichen Augenblick tippte ihn eine riesige Tatze von hinten auf die Schulter. Erst bemerkte der Junge das gar nicht. Doch die Tatze blieb hartnäckig und klopfte ein weiteres Mal sachte auf seine Schulter. Dann blickte der Junge sich um und erschrak. Ein riesiger Hamster, das Maskottchen von Iris Genenz, Willi Winter, stand hinter ihm und reichte ihm einen neuen Luftballon. Und wieder konnte ich genau beobachten, wie sich das erschreckte Gesicht ganz langsam in ein breites Grinsen verwandelte. Dann lachte er glockenhell und Willi Winter band ihm den Luftballon mit einem Knoten um sein kleines Ärmchen. Das war so schön mit anzusehen!
Na und dann war da noch abends das Treffen in unserem Garten, als tatsächlich beinahe alle Autoren unserer Einladung folgten und wir uns in gemütlicher Runde unterhalten und kennenlernen konnten. Für mich war es ein wunderbares Wochenende.
🐧 Das Willi Winter Maskottchen hat mir im Mai richtig leid getan, schließlich waren es zwei wunderbare warme Mai-Tage, an denen die Messe in Kirchberg stattgefunden haben und unter dem Kostüm war es noch einmal richtig warm.
Das stimmt. Aber jede Menge Spaß hat es ihm trotzdem gemacht. Da bin ich mir Hundertpro sicher!
🐧 Sollte es eine dritte Auflage geben, was würdest Du anders machen?
📚 Ich glaube, ich würde die Lesungen mehr abwechseln. Also erst eine Lesung für jüngere Kinder, danach eine für ältere und vielleicht doch nur eine Aktion neben den Lesungen laufen lassen.
Aber das schaue ich mir jetzt im September auf den BuchKids Harz an. Denn drei der Autoren, die auf den ersten Kinderliteraturtagen waren, tragen diese Idee weiter in den Harz. Und das freut mich riesig. Denn trotzdem, dass es so viel Arbeit ist, finde ich, leisten wir damit einen ungeheuren Beitrag zur Leseförderung der Kinder. Also, alle die Zeit und Lust haben, kommt am 9. und 10. September zu den BuchKids Harz.
www.buchkidsharz.de Das wird ein super Event. Versprochen!
🐧 Wir sehen uns auf der BuchKids Harz wieder, auch wenn ich es nur zum zweiten Tag schaffen werde, ich habe am Samstag noch eine Lesung, die ich schon vor dem Termin im Harz zugesagt hatte.
📚 Super! Eigentlich ist es schon fast ein Familientreffen. Es sind ein paar Autoren da, die ich schon kenne und ganz viele, auf die ich mich riesig freue, sie kennenlernen zu dürfen.
🐧 Damit würde ich jetzt gern schließen und so viel Neugier übrig lassen, dass sich alle den Messe-Termin im Harz notieren und hin kommen.
Dennoch muss ich einfach die letzte Frage noch stelle, welches ist dein Lieblings-Tier aus der Kalle Pinguin Kinderbuchgeschichte?
📚 Kann mich nicht entscheiden. Ich find sie einfach alle Zucker! Und eigentlich perfekt für eine Animation geeignet! Wie wäre es mit einem Kalle-Pinguin Film?