Interview-Partner: Pelle Gernot [Autor]
🐧 Hallo Pelle, ich weiß es jetzt, aber vielleicht solltest Du unseren Mitlesern einmal erklären was ein Kajütengespräch ist.
🦒 Ein Kajütengespräch gibt es nur auf Ozeanriesen oder auf Schreibschiff.de, wo diese regelmäßig stattfinden.
Auf unserem Schreibnetzwerk finden sich Autorinnen und Autoren regelmäßig zusammen und tauschen sich zu verschiedenen Themen aus. Das kann ein Genre, wie etwa „Romance“ oder „Science-Fiction“ sein oder es geht um den Buchsatz, Testlesen etc.
Demnächst haben wir übrigens ein offenes Kajütengespräch über die Kosten, die eine Buchveröffentlichung mit sich bringt. Wer nicht aufpasst, kann bekanntlich ganz schnell in eine Kostenfalle tappen. Ein hauptsächliches Augenmerk, dem sich das Schreibschiff verschrieben hat, ist es, dass Buchveröffentlichungen bezahlbar bleiben. Wer schreibt schon gern rote Zahlen? Wissen, das oftmals über kostenpflichtige Workshops erworben werden kann, erhält man auf dem Schreibschiff beim Austausch im Kajütengespräch. Die Autorinnen und Autoren teilen bei uns sehr gern ihr Wissen und ihre Erfahrungen.
🐧 Kann jeder Autor und jede Autorin sich dafür melden und teilnehmen?
🦒 Das Schreibschiff verschließt sich niemandem. Wir freuen uns über alle, die sich bei uns einbringen möchten, ihr Wissen teilen und zugleich von den Erfahrungen anderer lernen können. Auf dem Schreibschiff ist der Wunsch, mitzugestalten zu dürfen, gern gesehen.
Wer sich anmelden möchte, kann dies gern über unsere Homepage www.schreibschiff.de machen. Dafür ist ein geringer Beitrag zu entrichten, aber auch alles inklusive: Die Kajütengespräche, zusätzliche Werbung über unsere Autor:innen- und Buchseite, fachlicher Rat und Hilfe, die Schreibsessions und vieles mehr und natürlich der Impressumsservice.
🐧 Zu so einem Kajütengespräch, in dem es um Zeitreise ging, hast Du mich einmal eingeladen. Mit dem Thema Zeitreise hast Du Dich aber auch schon anders auseinandergesetzt.
🦒 Ja, in der Tat bin ich nicht ganz unwissend in dieses Kajütengespräch gegangen. Immerhin hatte ich mit „Das Geheimnis der Prophezeiung“ schon einen Zeitreiseroman geschrieben. In diesem geht es um ein Geheimnis, dass seit zweitausend Jahren nicht gelöst werden konnte und dennoch kaum bekannt ist. Außerdem liebe ich es, spannende Geschichten zu erzählen. Die Idee zu diesem Buchprojekt hatte ich übrigens auf der Leipziger Buchmesse.
🐧 War die Zeitreise für Dich die Möglichkeit Deine Begeisterung für Antike zu verarbeiten?
🦒 Unbedingt. Seit meiner Kindheit interessiere ich mich für Geschichte, besonders für das Altertum und die Antike. Daraus folgte aber auch, dass ich historische Romane sehr kritisch lese. Deshalb habe ich für mich immer ausgeschlossen, einmal ein Buch mit historischem Inhalt zu schreiben. Ja bis …, bis ich eben diese eine Idee auf der Buchmesse hatte. Der Plot bot mir die Gelegenheit, mich dem Phänomen der Zeitreisen, aber auch der Antike auf wissenschaftlicher Basis zu nähern. Entsprechend umfangreich war dann auch die Recherche.
🐧 Auf Deiner Homepage schreibst Du, dass Dir ein Studium der Archäologie verwehrt blieb - das DDR-System hat diese Studienplätze zur Devisenbeschaffung genutzt. Dazu habe ich gleich zwei Fragen:
Wie muss ich das verstehen, die eigene Bevölkerung war nicht zugelassen, stattdessen haben Studenten die Plätze bekommen, die Studiengebühren entrichten konnten?
🦒 Oje, mit dieser Geschichte habe ich längst meinen Frieden gemacht. Aber du liegst mit deiner Frage sehr nah an den damaligen Gegebenheiten. In Leipzig, aber auch in Berlin etc. gab es viele Studenten, die aus dem Ausland kamen. Dafür kassierte die DDR Devisen, die bekanntlich dringend benötigt wurden. Die Folge davon war, dass bei bestimmten Studienrichtungen die Zahl der verbleibenden freien Plätze sehr limitiert war. Leider auch im Fachbereich Archäologie. Die Möglichkeit einer erfolgreichen Bewerbung war damit schlechter als nur sehr beschränkt.
🐧 Mein Wissen um die Studienmöglichkeiten in der DDR erschöpft sich darin, dass mein Geschichtslehrer von erschwerten Bedingungen erzählt hat. Also es wurde nicht jeder zugelassen, der wollte und geeignet war - darüber hinaus sollte die Einstellung zur Staatsführung stimmen, hat einer der Eltern oder gar beide studiert, dann sah es eher schlecht aus, die richtige Religion und ein soziales Engagement waren Kriterien.
Aber das ist nur das, was im West-Unterricht mit Distanz erzählt wurde, wie war es nun wirklich bzw. wie hast Du es erlebt?
🦒 In der DDR wurden vor allem Kinder aus Arbeiterfamilien gefördert. Das ist erst einmal kein schlechter Ansatz, wenn wir die heutige Situation betrachten, in der Kinder aus sozial schwachen Familien schlechtere Bildungschancen haben. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist sicher richtig und notwendig, doch die Herangehensweise in der DDR schuf neue Ungerechtigkeiten. Der Staat erwartete von denen, die er förderte und denen er ein Studium ermöglichte, politische Gefolgschaft. Bis in die siebziger Jahre war es nicht ratsam, sich zur Kirche zu bekennen, wenn man einen Studienplatz haben wollte. Später hatte ich den Eindruck, dass dieser Druck etwas nachließ, aber Mitglied der SED zu werden, sich im Sinne der Partei gesellschaftlich zu engagieren und als junger Mann nicht nur den Grundwehrdienst zu leisten, war für die eigenen Studienabsichten förderlich.
🐧 Hast Du es als ungerecht empfunden, dass Du Archäologie nicht studieren konntest?
🦒 Mir wurde unmissverständlich mitgeteilt, welche Voraussetzungen ich erfüllen müsste und ich wusste, dass dies für mich unmöglich sein würde. Ungerecht fand ich das schon, andererseits habe ich mich schnell umorientiert. Ich bin nicht der Typ, der den Kopf in den Sand steckt und meinem Interesse an Geschichte hat das keinen Abbruch getan.
🐧 Ich habe Dich in unserem Zoom-Treffen sehr klar und mit direkten Ansagen erlebt. Noch ein Blick auf deine Homepage, da schreibst Du, dass Du in der sportlichen Trainerausbildung tätig warst. Ich würde raten, dass es da einen Zusammenhang gibt. Welche Trainer, in welcher Sportart oder Sportarten hast Du ausgebildet?
🦒 Der Sport ist eine meiner Leidenschaften und ich habe mich viele Jahrzehnte ehrenamtlich engagiert. Einige Zeit probierte ich mich als Langstreckenläufer, wechselte dann aber zum Handball und war dann als Übungsleiter und Schiri tätig. Auch wenn ich als Schiedsrichter bis zur zweithöchsten Spielklasse Spiele leiten durfte, konzentrierte ich mich darauf, Nachwuchs- und Erwachsenenmannschaften zu trainieren. Leider trafen mich Mitte der neunziger Jahre die gesellschaftlichen Umbrüche mit voller Wucht. In deren Folge musste ich mein Engagement einstellen, nahm dies aber später im Dartsport wieder auf. Zusammen mit einigen Mitstreitern gründete ich einen Verein, stand diesem 13 Jahre vor und betreute wieder Junioren, die auch international gute Platzierungen erreichten. Zudem habe ich für den nationalen Dachverband und in Zusammenarbeit mit dem DOSB den Ausbildungsbereich auf die Beine gestellt.
Zurzeit schreibe ich an einem Sachbuch, in dem ich mein Wissen und meine Erfahrung über Training und Wettkampfvorbereitung im Dartsport teilen werde.
🐧 Ich bereite mich gerade auf den Berlin Marathon vor, erstmals auch als Läufer, seit 2001 bin ich als Skater beim Berlin Marathon unterwegs. Welche Langstrecken bist Du gelaufen?
🦒 Bei mir war es die 3000-Meter-Strecke. Leider hielten sich meine Sprintfähigkeiten in Grenzen, weshalb ich am Ende sehr oft überspurtet wurde. In anderen Sportarten war ich wesentlich erfolgreicher.
🐧 Dein Wunsch-Studium und Dein Engagement im Sport, sowie Deine Leidenschaft zu schreiben haben wir bereits besprochen. Du erwähnst die gesellschaftlichen Umbrüche der 90er Jahre. Vermutlich sprengt die Antwort ein kleines Pinguin Interview, aber vielleicht gelingt es Dir das Wichtigste in einem Absatz zusammen zu fassen.
🦒 In den neunziger Jahren war es nicht einfach, im Osten seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Viele Leute verloren ihre Arbeit und auch mir ging es nicht anders. Alles, was ich mir in vielen Jahren aufgebaut hatte, war über Nacht weg und es gab keinen adäquaten Ersatz auf dem Arbeitsmarkt. Ich tingelte von Job zu Job, und da waren ganz üble Firmen darunter. Zeitweise arbeitete ich damals für umgerechnet 4,55 € die Stunde. Da hieß es, sich durchzukämpfen, und alles andere trat erst einmal notgedrungen in den Hintergrund. Bis auf Klomann und Aufzugwärter glaube ich, so ziemlich alle Jobs gemacht zu haben.
🐧 Das ist auf jeden Fall ein bewegtes Leben, wie viel Deiner Lebenserfahrung werden wir noch von Dir zu lesen bekommen?
🦒 Eine Autobiografie steht bei mir nicht auf dem Plan. Lieber erzähle ich jüngeren Leuten, was ich alles erlebt habe, etwa als mich die Stasi aus der Firma herausholte oder von der Wendezeit oder auch als Tramper, der durch Osteuropa gereist ist. Von meinen Erfahrungen fließt aber auf jeden Fall immer etwas in meine Buchprojekte ein. Diesbezüglich möchte ich weder die guten noch die schweren Zeiten und die daraus resultierenden Erfahrungen missen.
🐧 Jetzt von der Antike über ein spannendes Leben hin zu unserer Kinderbuchabschlussfrage. Das passt eigentlich gar nicht, aber die Frage ist obligatorisch: Welches ist dein Lieblings-Tier aus unserem Kalle Pinguin Kinderbuch?
🦒 Unbedingt die Giraffe, auch wenn sie nicht weiß, was ihr an leckeren Fischgerichten entgeht. Das Bild, auf dem sie den kleinen Kalle mit ihrem langen Hals umarmt, hat es mir echt angetan.